Die Saison in den Top-Ligen Europas ist beendet. Was darauf stets folgt, ist das Zusammenstellen des Teams der Saison in den jeweiligen Ligen. Da es jedoch genug dieser Teams gibt, habe ich ein alternatives Team der Saison zusammengestellt. Der Catch hierbei: Ich habe nur Spieler verwendet, die sich mit ihren Vereinen nicht für einen europäischen Wettbewerb qualifiziert haben. Das sollte einigen sehr unterschätzten Spielern zumindest etwas verdientes Spotlight geben.
Ohne groß drumherum zu reden, ist dies hier mein alternatives Team der Saison. Im Folgenden werde ich nochmal intensiver auf die einzelnen Spieler eingehen und habe im Stile der anstehenden EM einen gesamten 26er-Kader “nominiert”.
Torwart: Stefan Ortega (Arminia Bielfeld)
Auf dieser Position gab es viele gute Alternativen, wohl auch weil es Torhüter in einem Nicht-Top-Team noch am einfachsten haben, positiv herauszustechen. Letztlich führte für mich dennoch nichts an Stefan Ortega vorbei, der mit 28 Jahren eine beeindruckende Bundesliga-Debüt-Saison hinlegte und sich auch in den erweiterten Kreis der Nationalmannschaft spielte.
Bielefeld war besonders unter Uwe Neuhaus defensiv anfällig. Ortega rettete alleine durch seine überragenden Reflexe auf der Linie seiner Mannschaft einige wichtige Punkte. Mit 52 Gegentreffern hielt sich Bielefelds Defensivbilanz am Saisonende im Tabellenmittelfeld auf. Immer mal wieder liefen Niederlagen aus dem Ruder (0:5 gegen Gladbach und Union, 1:5 gegen Frankfurt, 1:4 gegen Bayern), aber in 11 Spielen kein Gegentor zu kassieren, war ein elementarer Teil des Klassenerhalts. Ortega wuchs in einigen dieser Spiele über sich hinaus.
In der reinen Leistung auf der Linie könnte man aber noch andere Keeper über Ortega stellen, im Bundesliga-Vergleich zum Beispiel Florian Müller. Was Ortega auszeichnet, ist dass er neben seinen Qualitäten auch im Spiel mit dem Ball herausragt. Unter Neuhaus war er an vielen flachen Aufbauphasen entscheidend beteiligt und bestach durch sein Kurzpassspiel. Unter Kramer war er für viele der langen Bälle zuständig, die er präzise schlug. Sein Freilaufverhalten und die Positionsfindung im Aufbauspiel waren unter beiden Trainern wichtig für die Stabilität des eigenen Ballbesitzspiels.
Ortega ragte so in allen entscheidenden Facetten des Torwartspiels für die Spielidee seiner Mannschaft heraus. Gerüchte, die ihn in Verbindung mit Champions-League-Vereinen bringen, sind durchaus angebracht.
Linksverteidiger: Javi Galán (SD Huesca)
Galán ist einer von zwei Absteigern in dieser Elf. Tatsächlich ist es schon sein zweiter Abstieg in zwei Jahren. Nach starken Leistungen für Córdoba verpflichtete ihn Huesca im Januar 2019. In seiner ersten La-Liga-Halbserie war er sofort gesetzt, konnte den Abstieg jedoch auch nicht verhindern. Nach einer Saison in der zweiten Liga ging es direkt wieder hoch. Zum erstmaligen Verbleib in La Liga fehlte dem 50.000-Einwohner-Ort am letzten Spieltag nur ein Tor gegen Athletic Bilbao.
Für Galán wird es diesmal jedoch nicht zurück in die Zweiklassigkeit gehen. Seine Ausstiegsklausel von nur 8 Millionen Euro wird mit ziemlicher Sicherheit gezogen, aktuell gilt Sevilla als wahrscheinlichster Abnehmer.
Galáns Stärken liegen klar in der Offensive. Nach Lionel Messi ist er der Spieler der Liga, der in die meisten Dribblings gegangen ist. Seine Erfolgsquote ist in den Top-20. Sowohl aus einer Dreier- als auch einer Viererkette trug er den Ball stets in gefährliche Räume. In einer strukturell offensivschwachen Mannschaft fehlten dort häufig Anschlussmöglichkeiten, was auch die Ausbeute von nur einem Tor und zwei Vorlagen erklärt.
Defensiv ragt der 26-Jährige nicht allzu sehr heraus, liest das Spiel nicht immer optimal, arbeitet jedoch sehr hart, kommt so auch in viele Zweikämpfe. Am besten passt er damit wohl in eine Fünferkette oder eine so offensiv interpretierte Viererkette wie die Sevillas.
Innenverteidiger: Joachim Andersen (Fulham)
Joachim Andersen war vor ein paar Jahren nach einer überragenden Saison für Sampdoria schon mal einer der begehrteren Innenverteidiger Europas. Lyon erhielt 2019 den Zuschlag für 24 Millionen Euro. Es folgte eine enttäuschende Saison und eine Leihe zu Fulham in dieser Spielzeit. Für Andersen ist die Situation nun ähnlich wie 2019, nur dass in diesem Sommer die interessierten Vereine noch größer sind.
Andersens Klub, dem FC Fulham, erging das selbe Schicksal wie Huesca. Nach dem direkten Wiederaufstieg folgte der direkte Abstieg. Die Auftritte waren jedoch stark verbessert im Vergleich zur Saison 18/19 und es gab einige Spieler, die positiv auf sich aufmerksam machen konnten. Besonders die Defensive um Torwart Alphonse Aréola, Andersen und seinen Innenverteidiger-Partner Tosin Adarabioyo hinterließ einen überwiegend positiven Eindruck.
Durch ein defensiv alles andere als überragendes Mittelfeld bekam die Abwehrreihe der Cottagers einiges zu tun. Andersen agierte als Fels, an dem sich seine Mannschaftskollegen in dem auf ihnen zukommenden Sturm orientieren konnten. Er organisierte die Viererkette brillant, trug für einen Großteil der Saison als Leihspieler die Kapitänsbinde.
Der Däne macht wenig Verrücktes. Er agiert ruhig am Ball, ist auch pressingresistent, dribbelt aber nicht wie ein Verrückter an oder spielt minütlich linienbrechende Pässe. Er grätscht auch keinen Gegenspieler in vollem Lauf ab. Stattdessen steht er einfach richtig, bereinigt alles, was auf ihn zukommt und sorgt dafür, dass seine Mitspieler das auch tun.
Innenverteidiger: Loïc Badé (RC Lens)
Vierter Spieler dieser Elf, das vierte Mal steht dieser Spieler bei einem Aufsteiger unter Vertrag. Lens legte von allen Aufsteigern Europas tabellarisch die beste Saison hin, wurde erst am letzten Spieltag von einem europäischen Rang verdrängt, den man mit nur einem Punkt aus den letzten vier Liga-Spielen etwas zu leicht hergab.
Badé stieg nicht mit Lens in die Ligue 1 auf. Stattdessen wurde der damals 20-Jährige ablösefrei von Le Havre verpflichtet, für die er zu Saisonende seine ersten sieben Profi-Spiele in der Ligue 2 absolvierte. Ein Jahr später zählt er schon zu den besten Innenverteidigern der Liga.
Badé ist spielerisch das exakte Gegenteil von Andersen (daher würden die beiden auch wunderbar zusammen funktionieren). Der Franzose zeichnet sich durch seine Progressivität am Ball aus, dribbelt gerne an und verfügt über ein hervorragendes Passspiel, kann sowohl linienbrechend und flach als auch diagonal und hoch passen. Defensiv ist sein Stil derweil teils noch als wild zu beschreiben. Neun gelbe und eine gelb-rote Karte offenbaren das. Er liest das Spiel eigentlich ordentlich, fängt auch viele Bälle ab, einige Fehleinschätzungen blieben jedoch über die gesamte Saison bestehen.
Badé hat eine inkonstantere Saison als Andersen hinter sich, verpasste auch mehr Spiele (zwischenzeitlich fünf Spiele verletzt raus + Sperren). Seine besten Leistungen waren jedoch so elementar für seine Mannschaft und so gut, dass ich mich hier für ihn trotz einiger guter Konkurrenz entscheide.
Rechtsverteidiger: Fabien Centonze (FC Metz)
Der FC Metz startete katastrophal in die Saison. Nachdem man im Jahr zuvor die Klasse als Aufsteiger halten konnte, musste man Top-Torjäger Habib Diallo ziehen lassen. Dessen Ersatz Ibrahima Niane traf dann in drei Spielen sechs Mal, riss sich aber direkt danach das Kreuzband. Dennoch hielt man letztlich als Tabellenzehnter recht souverän die Klasse.
Grundstein hierfür war eine sehr gute Defensive, zu der Centonze einen entscheidenden Teil beitrug. In einem tieferen Block beschützte der 25-Jährige seine Seite. Dabei fiel mir vor allem seine Vielseitigkeit auf. Er hat eine gute Antizipation, fängt damit einige Bälle ab, ist aber auch nicht übermäßig aggressiv. Im 1gegen1 wählt er sinnvolle Ausgangspositionen, kann seine Gegenspieler so stets mindestens entschleunigen.
Offensiv glänzt er ähnlich wie Galán durch seine raumgreifenden Läufen, ging zudem in die 9.-meisten Dribblings der Ligue 1. Seine Erfolgsquote war dabei deutlich schwächer als die Galáns. Ein Tor und keine Vorlagen sprechen auch keine allzu beeindruckende Sprache, allerdings muss man auch hier bedenken, dass gute offensive Leistungen für einen Außenverteidiger in einem offensivschwachem Team einfach schwer zu erreichen sind.
In der vergangenen Saison, seiner ersten in der Ligue 1, verpasste Centonze keine Spielminute, in dieser Spielzeit durfte er nur zwei Mal nicht von Beginn ran. Er ist ein äußerst verlässlicher Spieler geworden, der qualitativ klar über dem Durchschnitt auf seiner Position liegt.
Sechser: Renato Tapia (Celta Vigo)
Celta Vigo war die letzten Jahre nach einer starken Phase in der Mitte des letzten Jahrzehnts wieder vermehrt im Abstiegskampf zu finden. Auch diese Saison startete suboptimal. Nach zehn Spieltagen stand man auf dem letzten Platz. Dann kam Eduardo Coudet von Internacional und führte den Verein sogar fast noch bis Europa.
Coudet lässt ein in Europa selten gesehenes 4–1–3–2 spielen. Es ist ein sehr offensives Team, wird in Vigo mit drei Zehnern interpretiert. Dahinter braucht es eine gute Absicherung. Mit Renato Tapia hat Celta vor Saisonbeginn den perfekten Spieler für Coudets Fußball bei Feyenoord Rotterdam gefunden. Unter Coudet blühte der Peruaner dann auch auf.
Der 25-Jährige ist kein sonderlich eleganter Spieler, aber seine Fähigkeiten am Ball sollten auch nicht unterschätzt werden. Er ist meist anspielbar, findet simple, aber kluge Lösungen im Passspiel, verliert wenig Bälle, ist nur nicht sonderlich progressiv.
Sein primärer Aufgabenbereich liegt jedoch in der Defensivarbeit und hier ragt er auch heraus. Sowohl in puncto geblockte Bälle als auch klärenden Aktionen liegt er im obestern Perzentil aller Mittelfeldspieler der Top-Ligen. Tapia steht konstant richtig, schafft es auch deswegen als alleiniger Sechser den gesamten Raum vor der Abwehr abzudecken. Er gilt als eine der Entdeckungen dieser La-Liga-Saison.
Achter: Manuel Locatelli (US Sassuolo)
Locatelli in dieser Elf zu sehen, sollte niemanden verwundern. Schließlich ist der 23-Jährige Stammspieler der italienischen Nationalmannschaft und in den letzten zwei Jahren, seit seinem festen Wechsel von der AC Milan zu Sassuolo, einer der besten Mittelfeldspieler der Serie A.
Diese Saison bestätigte er die überragende Form des Vorjahres. Locatelli kann eigentlich alles, was man sich von einem Achter erwünscht. Defensiv könnte er noch mehr herausragen, hat besonders in tieferen Ordnungen noch ein paar Probleme, aber in einem Team mit viel Ballbesitz ist das kein allzu großes Problem.
Locatelli ist ein risikofreudiger Passspieler, überspielt gerne Linien. Seine Präzision hierbei ist besonders hervorstechend. Wenn es sein muss, trägt er Bälle auch weit in die gegnerische Hälfte. Am beeindruckendsten ist sein Verständnis von Raum und Zeit auf dem Feld. Er weiß sich stets intelligent zu positionieren, kann so auch selber zwischen den Linien angespielt werden. Mittlerweile hat er ein konstant hohes Niveau erreicht, das bei vielen Top-Vereinen für einen Startplatz reichen würde.
Achter: Rodrigo de Paul (Udinese)
Udinese galt in den vergangenen Jahren immer mal wieder als Abstiegskandidat. Mal wieder hielt man sich diese Saison aber vor allem auch dank Rodrigo de Paul aus dem Abstiegskampf fern. Müsste man einen herausstechenden Spieler dieser Top-Elf wählen, wäre es der Argentinier, den man sogar in ein normales Team der Saison der Top-Ligen aufnehmen könnte.
Mit 27 Jahren ist de Paul aktuell scheinbar auf dem Zenit seines Schaffens angekommen. Als nomineller Achter genießt er eine recht freie Rolle, in der er auch kaum Defensivarbeiten zu erledigen hat. Oftmals sieht man den Nationalspieler der Albiceleste ein Spiel in dessen Verlauf immer mehr an sich reißen. Eigentlich nimmt er gerne höhere Positionen ein, aber wenn das Spiel verlangt, dass er sich Bälle tiefer abholt, tut er auch das.
De Paul zeichnet sein direkter Spielstil aus, er hat in vielen Aktionen nur das Tor als Ziel im Blick. Nahezu jeder Pass geht nach vorne. Hier sind dann auch einige Fehlpässe dabei, die letztlich aber kein allzu großes Problem darstellen, wenn man zehn Tore in einer Saison (für Udine!) vorbereitet. Abschlüsse nimmt er sich einige heraus, teils aus zu aussichtslosen Lagen, aber auch dies sei ihm in einem sonst eher schwachen Team gestattet. Insgesamt liegt er so im Vergleich mit allen Mittelfeldspielern der Top-Ligen in den obersten zwei Perzentilen in puncto Schüsse, Vorlagen, xA, npxG+xA und schuss-kreierende Aktionen.
Rodrigo de Paul ist über die letzten beiden Spielzeiten einer der besten Spieler Europas. Im Sommer wird dann wohl auch endlich der Wechsel zu einem seiner Qualität angemessen Klub kommen.
Zehner: Gaël Kakuta (RC Lens)
Zugegeben, diese Wahl hat auch einige romantische Gründe. Gaël Kakuta ist 29 Jahre alt, wirkt aber immer etwas älter. Der Nationalspieler des Kongos galt mal als großes Talent, spielte bereits für zwölf Vereine und verbrachte auch ein paar Jahre in China. Nun ist er zurück bei dem Verein, den er mit 16 Jahren in Richtung Chelsea verlassen hat.
Die Geschichte der Saison des RC Lens habe ich schon wiedergegeben, als es um Loïc Badé ging. Kakuta war besonders in der Hinrunde der entscheidende Spieler im Konstrukt des Aufsteigers. Seine Daten über die gesamte Saison sehen nicht allzu überragend (11 Tore, 7 davon jedoch Elfmeter und 5 Vorlagen), auch die underlying stats sind nicht auf dem Level seiner Konkurrenz für diese Elf. Kakuta brachte dieser Mannschaft jedoch einiges, was Daten nicht optimal erfassen können.
Der Routinier organisierte das starke Pressing seines Vereins von der Zehner-Position hinter zwei meist jungen Stürmern. Dafür musste er selber nicht immer in vollem Tempo anlaufen, sondern vor allem seine Mitspieler dirigieren und anweisen. Diese Aufgabe erfüllte er äußerst intelligent.
Im eigenen Ballbesitz fand er gute Positionen zwischen den Linien oder öffnete mit Läufen gezielt Räume für Mitspieler. Besonders im guten Umschaltspiel seiner Mannschaft war seine große Spielintelligenz zu erkennen. Mit Ball am Fuß war Kakuta sowohl über die gesamte Saison als auch über 90 Minuten selten konstant, aber dafür entschied er wiederholt Spiele zu Gunsten Lens´.
Stürmer: Patrick Bamford (Leeds United)
Marcelo Bielsas Leeds United spielte eine überragende erste Premier-League-Saison. Zu keinem Zeitpunkt musste man sich vor dem Abstieg fürchten, am Ende landete man sogar auf Platz 9. All das gelang ihm mit einem Kader, der bei seiner Ankunft als Championship-Durchschnitt galt.
Patrick Bamford fiel scheinbar auch in diese Kategorie. Der ehemalige Jugendspieler Chelseas wurde 2014/15 zwar Spieler der Saison während einer Leihe zu Middlesbrough, der endgültige Sprung in Richtung Premier-League-Level kam jedoch nie. Selbst in der vergangenen Saison wurde er trotz 16 Toren und vier Vorlagen sowie seiner essentiellen Rolle in der Aufstiegs-Mannschaft als Chancentod verschrien und daran gezweifelt, ob er in der Premier League performen kann.
Die Antwort auf die Frage seiner Premier-League-Tauglichkeit beantwortete der mittlerweile 27-Jährige spektakulär: Er erzielte 17 Tore und bereitete acht vor, all das auch noch in 400 Minuten weniger als 19/20. Nach einer xG-Underperformance in den letzten Jahren, liegt seine Torausbeute jetzt genau da, wo es die expectedGoals vermuten würden.
Das spricht eine klare Sprache. Auch in der besten Liga der Welt sind Bamfords Freilaufbewegungen exzellent und bringen ihn in gute Abschlusspositionen. In dieser Saison verbesserte er sich zudem nochmal im Kombinationsspiel. Es ist die beste Saison seiner Karriere.
Stürmer: Andy Delort (HSC Montpellier):
Der HSC Montpellier ist einer der wenigen Vereine Europas, der noch auf eine klare Doppelspitze setzt. Im 3–5–2 ragten in diesem Doppelsturm Andy Delort und sein Partner Gaëtan Laborde heraus. Bei beiden stehen am Ende der Saison 24 Torbeteiligungen zu Buche. Delort brauchte weniger Minuten hierfür und ist in seiner gesamten Spielanlage etwas kompletter, was ihm einen Platz in dieser Top-Elf einbringt.
Der algerische Nationalspieler verpasste diese Saison einige Spiele verletzt. Für ein durchschnittliches französisches Team war er dennoch alle 103 Minuten an einem Tor beteiligt. Delort überperformte seine xG-Werte, ist immer wieder für ein spektakuläres Tor geht, was so über mehrere Saisons möglicherweise schwer aufrechtzuerhalten ist. In der reinen Bewertung dieser Saison ist das für mich jedoch zweitrangig.
Neben vielen Toren ist er aber auch in allen anderen offensiven Teilbereichen entscheidend beteiligt. Er lässt sich gerne fallen, leitet dann viele Torchancen ein. Sein riskantes Passspiel sorgt für einige Ballverluste, aber dafür auch für umso mehr potenziellen Gewinn. Darüber hinaus trägt er viele Bälle per Dribbling in gefährliche Räume.
Delort ist der perfekte Spieler für einen Doppelsturm, passt damit wunderbar zu Montpellier und auch in diese Top-Elf.
Jetzt da die Top-Elf gekrönt wurde, wird es noch Zeit einen kurzen Blick auf die restlichen 15 Spieler dieses fiktiven Kaders zu werfen.
Torwart: Sergio Herrera (CA Osasuna)
Für den zweiten Torwart-Spot gab es einige Alternativen. Letztlich fiel meine Entscheidung zwischen den drei Torhütern die hinter Jan Oblak europaweit die meisten Gegentore über der Anzahl der erwarten Gegentore verhindert haben (Post-Shot-xG minus zugelassene Tore). Diese drei Keeper sind Fulhams Alphonse Aréola, Aston Villas Emi Martínez und eben Osasunas Sergio Herrera.
Herrera war einer der Hauptgründe für Osasuna soliden Mittelfeldplatz. An einigen Stellen wurde der 27-Jährige sogar noch in Spaniens EM-Kader erwartet. Dafür hat es letztlich nicht gereicht, eine grandiose Saison war es dennoch.
Linksverteidiger: Stuart Dallas (Leeds United)
Dallas verpasste nur neun Minuten in einer Saison, in der sein Team in 37 von 38 Spielen mehr Kilometer und intensive Läufe als jeder Gegner hinlegte. Seine Leistungen waren dabei überragend (acht Tore und zwei Vorlagen). Er gehört zu den Spielern, die am meisten unter Bielsa profitierten und deren Niveau der Argentinier am stärksten angehoben hat.
Dallas spielte als Linksverteidiger, Rechtsverteidiger, im rechten Mittelfeld, auf der Acht und als eine Art Zehner. Das macht es etwas schwer, ihm hier eine Position zuzuweisen. Er gehört jedoch auf jeden Fall in diesen Kader. Möchte man einen konventionelleren Linksverteidiger nominieren, wäre Christian Güntner meine Wahl.
Innenverteidiger: Márton Dárdai (Hertha Berlin)
Dárdai hat nur ein Viertel der möglichen Spielminuten in dieser Saison absolviert. In ein normales Team der Saison würde es daher wohl nicht schaffen. Allerdings wollte ich einen linksfüßigen Innenverteidiger in diesem Kader haben und davon gibt es abseits der Top-Klubs einfach nicht so viele gute.
Es gab Spieler, die auf dieser Position über die Saison konstanter spielten als Dárdai. Die besten Leistungen des 19-Jährigen, besonders in seinem hervorragenden Passspiel, haben mich allerdings so sehr überzeugt, dass ich ihn nicht außen vor lassen möchte.
Innenverteidiger: Nico Elvedi (Borussia Mönchengladbach)
Für die rechte Innenverteidiger-Position gab es derweil deutlich mehr Auswahl. Mich haben einige Spieler von kleineren Vereinen mal wieder positiv überrascht, aber letztlich konnte ich keinen dieser Spieler einem der konstant stärksten Bundesliga-Verteidiger der letzten Jahre vorziehen.
Elvedi ist kein spektakulärer Innenverteidiger, schießt kaum Tore oder fällt durch andere Aktionen auf, aber ist einfach unglaublich solide. Im Passspiel ist er zum Beispiel sehr sicher, allerdings selten progressiv. Im individualtaktischen Defensivverhalten wird man derweil wenige Innenverteidiger finden, die so sauber agieren. Der Schweizer ist seit Jahren einer der unterschätztesten Spieler auf seiner Position.
Innenverteidiger: Ben White (Brighton & Hove Albion)
In diesen Kader musste natürlich auch ein Spieler der bei Brighton, einem der coolsten Teams Europas, spielt. Insgesamt stach Brighton jedoch vor allem durch seine mannschaftlichen Leistungen hervor. Einer der wenigen Spieler, der konstant auf hohem Niveau spielte, war Ben White, der mit einer Nominierung für den vorläufigen EM-Kader Englands belohnt wurde.
Auch in diesen Kader passt er super, da er sowohl als Innenverteidiger als auch als Sechser spielen kann. Im Gegensatz zu Elvedi fällt White deutlich mehr auf, ist ein sehr intensiver, athletischer Verteidiger, dribbelt zudem gerne an. Seine Art und Weise das Verteidigerspiel zu interpretieren, war ein Grund, warum Brighton so tollen Fußball spielen konnte.
Rechter Außenverteidiger: Silas Wamangituka (VFB Stuttgart)
Einen guten Rechtsverteidiger zu finden, ist ähnlich schwer, wie einen linksfüßigen Innenverteidiger zu finden. Letztlich waren meine zwei Kandidaten für diesen Spot jeweils Spieler, die in einer Fünferkette agierten: Jonathan Clauss vom RC Lens und Silas Wamangituka.
Wamangituka ist der ungewöhnlichste Außenverteidiger dieser Saison. Seine Rolle sah ihn vor allem in der Offensive und auch zweistellig treffen, aber man sollte nicht vergessen, dass er die Defensivaufgaben, die ihm aufgetragen wurden, tatsächlich ganz ordentlich erfüllte. Der offensive Output über dem war so herausragend, dass man ihn hier nicht ignorieren kann.
Sechser: Wataru Endo (VFB Stuttgart)
Wir bleiben direkt bei Stuttgart. Genauso wie Wamangituka absolvierte Wataru Endo seine erste Saison in einer Top-Liga, auch wenn der Japaner deutlich mehr Profi-Erfahrung mitbringt. So beeindruckend die Leistungen von Wamagituka, Sosa, Kalajdžić und Co. auch waren, ohne Endo wären diese und die gesamte starke Saison Stuttgarts kaum möglich gewesen.
Endo ist ein Spieler, der in allen Spielphasen herausragt. Neben seinen Fähigkeiten in Passspiel, Gegenpressing und Stellungsspiel ist es vor allem sein Gefühl für das Tempo eines Spiels und wie er dieses Tempo zu Gunsten seiner Mannschaft sowohl be- als auch entschleunigen kann.
Achter: Téji Savanier (HSC Montpellier)
Téji Savanier war noch nie ein sonderlich konstanter Spieler. Auch diese Saison verpasste er mal wieder einige Spiele rot-gesperrt. So frustrierend der 29-Jährige an einem schlechten Tag sein kann, so genial ist er auch an vielen anderen Tagen, sodass wenige Mittelfeldspieler Europas mit diesem Niveau mithalten können.
Der Franzose kam in seiner zweiten Saison für Montpellier vor allem in der Chancenkreation wieder sehr nah an seine überragende Ligue-1-Debüt-Saison ran, zeigte sich sehr einfallsreich und stellte zudem die gewohnte Gefahr im eigenen Abschluss dar. Ein neueres Element in seinem Spiel sind derweil raumgreifende Dribblings, durch die Savaniers Einfluss auf das gesamte mannschaftliche Konstrukt noch größer wird.
Achter: Jonas Hofmann (Borussia Mönchengladbach)
Streng genommen ist Jonas Hofmann kein Achter, besonders in dieser Saison, in der er laut transfermarkt.de nur sechs Spiele auf zentralen Positionen begonnen hat. In seiner Art und Weise das Spiel zu interpretieren, ähnelt Hofmann jedoch eher einem Rauten-Achter als einem Flügelspieler. Sein Bewegungsprofil ist ziemlich einmalig, was ihn schwer einzuordnen macht.
Was jedoch ziemlich klar sein sollte, ist dass er trotz einiger Verletzungen wieder eine super Saison hingelegt hat. Mit einer Torbeteiligung alle 107 Bundesliga-Minute steht er direkt vor Spielern wie Jadon Sancho oder Kingsley Coman. Somit ist er nach Thomas Müller auch der Mittelfeldspieler mit den meisten Torbeteiligungen der Liga pro 90 Minuten. Zu all dem gesellen sich dann kluge raumöffnende Läufe sowie eine hervorragende Defensivarbeit.
Zehner: Andrej Kramarić (TSG 1899 Hoffenheim)
Andrej Kramarić lässt sich am besten beschreiben, indem man darauf schaut, welchen anderen Spielern er statistisch am meisten ähnelt. Dank fbref.com ist auch das möglich. Vergleicht man den Kroaten mit Stürmern, heißen die fünf ähnlichsten Spieler Karim Benzema, Kylian Mbappé, Cristiano Ronaldo, Lionel Messi und Ciro Immobile. Vergleicht man ihn mit Zehner/Flügelspielern, kommen Raheem Sterling, Mohamed Salah, Marcus Rashford, Karl Toko Ekambi und Sadio Mané ihm am nächsten.
Viel mehr Argumente müsste es für den 29-Jährigen eigentlich gar nicht geben, schaut man ihm jedoch einfach zu, sieht man, wie er eine oft unklare Hoffenheimer Mannschaft ins sichere Tabellenmittelfeld führte und dabei den Torrekord für eine einzelne Saison eines TSG-Spielers erhöhte.
Flügel: Jack Grealish (Aston Villa)
Grealish verpasste nahezu die gesamte Rückrunde verletzt. Dass er es trotzdem in einige Teams der Saison der Premier League schaffte, veranschaulicht gut, wie überragend seine Leistungen in der Hinrunde waren.
Vom linken Flügel zog er wie gewohnt ins Zentrum. Wo früher die Entscheidungsfindung jedoch nicht immer klar war und viele Fernschüsse aus aussichtslosen Positionen erfolgten, rückten diese Saison linienbrechende, kreative Pässe. Der englische Nationalspieler bereitete so zwölf Treffer in nur 2185 Minuten vor. Seine zuvorige Saisonbestleistung waren sechs Vorlagen. Zusammen mit seinem Dribbling und gebliebener eigener Abschlussstärke wurde Grealish so zu einem der komplettesten Flügelspieler der Welt.
Flügel: Bukayo Saka (Arsenal)
In einer weiteren enttäuschenden Saison für Arsenal war Bukayo Saka einer der Lichtblicke. Der 19-Jährige sicherte sich früh einen Startplatz und egal, wie viel Mikel Arteta an seiner Startelf und Formation schraubte, der Spieler aus der eigenen Akademie behielt seinen Stammplatz.
Saka kann nicht die grandiosen Zahlen anderer Spieler dieses Kaders aufweisen, seine Flexibilität und Anpassungsfähigkeit ragen im europäischen Vergleich jedoch heraus. Wird Arsenal die nächsten Jahre besser, wird auch Saka einer der entscheidenden Bausteine dieser Entwicklung sein. Möchte man noch einen klassischeren Flügelspieler nominieren, könnte man einige Argumente für Domenico Berardi finden, den ich nur sehr ungerne außen vor lasse.
Stürmer: Amine Gouiri (OGC Nice)
Amine Gouiri war über viele Jahre einer der besten Nachwuchsstürmer der Welt. Bei Lyon gelang ihm dennoch nie der Durchbruch. Daher wechselte er zum OGC Nice. In seiner ersten Profi-Saison war der 21-Jährige dort direkt der entscheidende Spieler, der das Offensivspiel einer sonst oft biederen Mannschaft am Leben hielt.
Gouri spielte sowohl auf dem linken Flügel als auch als Stürmer, würde auch super in eine Raute passen. Technisch ist er unglaublich sauber, kreiert viele Torchancen, hat aber auch ein tolles Positionsspiel, um selber Chancen zu verwerten. In den kommenden Jahren wird er nur besser werden, vor allem wenn er in ein gutes Offensivspiele eingebunden wird.
Stürmer: Iago Aspas (Celta Vigo)
Seit einigen Jahren ist es nun schon kein Geheimnis mehr, dass Iago Apas zu den besten Stürmern La Ligas zählt. Seine besten Zeiten als Torjäger liegen nun jedoch schon ein bisschen zurück. Von der Saison 15/16 bis 18/19 erzielte er 13, 13, 20 und 15 Nicht-Elfmeter-Tore. In dieser und letzter Saison waren es “nur” neun.
Mit 33 Jahren profitierte Aspas allerdings vom Trainerwechsel zu Eduardo Coudet und verpasste seinem Spiel eine neue Facette. Mit 13 Vorlagen erreichte er erstmals in seiner Karriere einen zweistelligen Wert. Aspas zeigte sich noch kreativer als in Vorjahren und war so mal wieder an einem absurd hohen Anteil der Tore seiner Mannschaft beteiligt: 49%.
Stürmer: Dušan Vlahović (AC Fiorentina)
Die Fiorentina legte eine Horror-Saison hin. Es ist keine sonderlich gewagte These, dass ohne die Tore von Dušan Vlahović der Abstieg sehr dicht gekommen wäre. So kommt er auch auf eine Aspas-typische Anzahl an Torbeteiligungen (48 %).
Vlahović hilft seinen Mannschaftskollegen eher selten Tore zu erzielen. Das ist oft auch gar nicht möglich, da er auf eigene Faust seine Chancen kreieren muss. Physisch erinnert der 21-jährige Serbe fast an Erling Håland. Er ist schnell, aber auch mit einem hohen Durchsetzungsvermögen ausgestattet. Allerdings holt sich Vlahović viele Bälle noch tiefer ab als Håland und muss sich selber bis in eine ordentliche Abschlussposition durchtanken. Das gelang ihm diese Saison oft überragend.
Man kann hier natürlich auch noch über viele weitere Spieler diskutieren, die einen Platz in diesem Kader verdient hätten. Das Ganze sollte bitte nicht komplett ernst genommen werden, dient es doch im Grunde nur dazu, sehr coole, etwas unterschätzte Spieler vorzustellen.